Der Anfang vom Ende?!
Dieser Beitrag sollte ein bombastisches Finale werden, der krönende Abschluss eines Jahres und überhaupt. Sorgfältig ausgefeilte Sätze, überraschende Wenden und mitreißende Überschriften. Und die Bilder erst!
Tja, nun sitze ich hier. In knapp zwei Stunden ist der Freitag vorbei – es wäre der erste Freitag ohne einen Beitrag seit anderthalb Jahren. Lange Arbeitstage, Urlaub, Krankheit, Hund, Events, technische Störungen und Kreativlöcher. All dem trotzte ich, teils unter gehöriger Kraftanstrengung und halben Nervenzusammenbrüchen.
Gerade zwei Stunden bleiben mir bis zur Mitternacht, um nach den perfekten Bildern zu suchen und den allerbesten Beitrag zu schreiben, den es auf Freitagsgefühl je gab und vor dem ich mich seit Wochen drücke.
Freitags im Hotelzimmer…
Es klingt beinahe klischeehaft autorenmäßig: Ich hocke auf einem weiß bezogenen Bett in einem Hotelzimmer mit wunderschönem Blick auf die Natur (den man jetzt im Stockfinsteren natürlich prima erkennt) und bin leicht beduselt vom guten Essen und selbstgebrauten Bierchen im Brauhaus. Weil ich die letzte Nacht quasi durchgearbeitet habe, lähmt die Müdigkeit meine Gedanken, noch bevor sie zum Sprung ansetzen.
Eigentlich ist die Situation passend: Denn die letzten Wochen, ja Monate waren kräftezehrend. Träume platzten, und still und heimlich gediehen neue Visionen. Ich stellte alles infrage und auf dem Kopf, krempelte mein Leben komplett von innen nach außen und durchkreuzte all meine Pläne – ungeplant und ungewollt. Das Jahr glich einer Achterbahn und die macht auf Dauer müde, egal wie aufregend sie ist. Ich steige mit einem endorphingeschwängertem Lächeln aus und freue mich auf das neue Jahr. Auch 2018 werde ich wieder voller Begeisterung und Leidenschaft die Ärmel hochkrempeln – nur hoffentlich nicht wieder mein ganzes Leben.
Der Fluch der Professionalität in der Bloggerwelt
Nun sitze ich also hier in diesem Hotelzimmer mit dem Wahnsinnsausblick, den man nicht sieht; dem Herz voller glücklicher Freitagsgefühle und der Kopf bleiernd schwer vor angenehmer Müdigkeit. Und vor allem sitze ich in einem Hotelzimmer, das digital vollkommen abgeschnitten ist von der Außenwelt. Kein Mobilfunkempfang, kein Wlan, kein LTE und noch nicht einmal Edge. Da kann ich mich auf den Kopf stellen, und der Beitrag wird trotzdem nicht rechtzeitig veröffentlicht. Und das ausgerechnet zum fulminanten Finale! Dennoch erkämpfe ich mir die Zeilen, sodass ich zumindest stilecht den Beitrag an einem Freitag, nein, am letzten Freitag in 2017, verfasse. Ohne Raffinessen, nur die plumpen Gedanken, so wie sie gerade herauspurzeln.
War das nicht eigentlich sogar mal der Ursprungsgedanken von Blogs? Ganz ehrlich, ich schäme mich beinahe dafür, eine „Bloggerin“ zu sein. Denn erfolgreiche Blogs ähneln heute erschreckend oft eher Amazonbeschreibungen denn Tagebucheinträgen. Es gibt dutzende Tipps, wie ein Blogbeitrag „erfolgreich“ wird und wie sich damit Geld verdienen lässt. Mit der Professionalität kam die Langeweile.
Meine subjektive Bloggerwelt hat sich verändert. Mich persönlich inspirieren nur noch sehr wenige Blogs und ich fühle mich unwohl in dieser Bloggerwelt, die zunehmend von ferngesteuerten Algorithmen lebt. Wenn Facebook mich gängelt, nur damit mein Beitrag „rankt“ und Facebook damit bestimmen kann, wie viele Leute meinen Blog überhaupt angezeigt bekommen, dann stimmt mich das traurig.
Noch nie wollte ich mit dem Freitagsblog Geld verdienen oder mich verkaufen und verbiegen, um höhere Reichweiten und Klickzahlen zu erreichen. Ich besitze darum nicht mal ein Media Kit. Ich schreibe, weil ich was mitzuteilen habe. Voll oldschool, ne?! Hat ja gar nix mit Konsum zu tun… Ich liebe die Philosophie, die hinter „Freitagsgefühl“ steckt und ich selbst muss mich oft genug daran erinnern und festhalten. Ein bisschen mehr Freitagsgefühle kann das Leben so sehr versüßen. Den Mut beflügeln, die Leichtigkeit heraufbeschwören und kleine Alltagsmomente verzaubern. Jeder von uns kann das. – Sogar ganz ohne Konsum. Macht es aber leider nicht.
Und so ist der Freitagsblog mein Herzensprojekt geworden. Endlich mal was, das ich durchgezogen habe. Ha! Da habe ich es mir aber bewiesen! Doch mittlerweile muss ich mir nichts mehr beweisen. Weil ich nämlich endlich bei mir angekommen bin. Mein Rückgrat, Selbstbewusstsein und Leichtigkeit wiedergefunden habe.
Ich schreibe nicht, weil ich es liebe zu schreiben
Oh ja, wie sehr behaupten andere Blogger immer wieder, dass sie das Schreiben so sehr lieben. Für mich wäre das eine Lüge. Für mich ist Schreiben ein Kampf. Mal der Kampf um die perfekte Formulierung in einem beruflichen Schreibauftrag und mal ein ganz persönlicher Kampf meiner Emotionen, ausgetragen via Stift oder Tastatur. Oh ja, Stift. Wieder mal so oldschool. Ich gehöre tatsächlich zu der Riege der waschechten Schreiberlinge, die überall dutzende angefangene Notizbücher herumfliegen haben und selbst auf Servietten noch Satzfetzen festhalten. Vielleicht bin ich deshalb Redakteurin geworden und nicht Journalistin: Weil Schreiben für mich Kampf und Befreiung gleichermaßen bedeutet und nicht ein bloßes Instrument im Job. Ich liebe die Welt der Buchstaben so sehr, dass sie mich manchmal beinahe auffressen.
Nicht mal Zeitung kann ich lesen, weil mich die vielen Rechtschreibfehler nervös zappeln lassen.
Im Job übrigens macht mir der Schreibprozess an sich nur selten Freude, aber das Ergebnis freut mich dann umso mehr.
Suchen, Finden, Loslassen
Das Jahr 2017 war für mich ein Jahr des Suchens und Findens und Erfindens – und des Loslassens.
Im März stürzte ich mich statt in die Wellen Fuerteventuras in das Abenteuer Landleben. Seit August stecke ich in einer neuen beruflichen Herausforderung. Erstmals kann ich alles, aber auch wirklich alles anwenden, was ich je erlernt habe. Erstmals passen meine Fähigkeiten und Eigenschaften perfekt zu meinem täglichen Tun. Ich liebe es, weder unter- noch überfordert zu sein, sondern mit lachendem Herzen und ansteckender Leidenschaft meine Energie in ein wahnsinnig tolles Projekt zu stecken. Unglaublich bewegende Menschen mit ihren Schicksalen, Persönlichkeiten und Qualitäten durfte ich kennenlernen. Sie alle bereichern mein Leben so ungemein! Dafür bin ich dankbar.
Freitagsgefühle siegen über den Freitagsblog
Aber gerade, weil so vieles gewachsen ist, passen einige Dinge nicht mehr. Dazu gehört der Freitagsblog.
Die Freitagsgefühl Redaktion ruht bereits seit Monaten vorerst in ihrem Tun bis auf kleinere Gelegenheitsarbeiten. Und ab 2018 soll es auch den Freitagsblog für unbestimmte Zeit nur sporadisch geben. Wer trotzdem keinen Beitrag verpassen möchte, kann ihn abonnieren auf der Website und bei Facebook.
Doch warum?
1) Huch, schon wieder Freitag?
Die Zeit für aufwendige Recherchen und inspirierende Interviews fehlt einfach. Doch genau das liebe ich. Mittlerweile gleicht der Blog mehr einer lästigen Pflicht. Statt meinen Freitagabend voll auszukosten (seit meiner Anstellung habe ihn bitter nötig), muss ich mich an die Tastatur zwingen, während die anderen weiter feiern oder bereits schlafen. Unter der Woche bleibt gar keine Zeit und am Wochenende blinken die Akkus auf Reserve. Da treibe ich mich lieber draußen herum, lese lieber und schreibe einfach für mich, ohne mich um den technischen Schnickschnack kümmern zu müssen. Frei von Druck. Denn wie soll ich euch vom Freitagsgefühl erzählen, wenn ich nicht mal selbst imstande dazu bin, es selbst zu leben?
2) Argh, das Internet ist schon wieder tot
Es gibt noch einen weiteren Grund, der schwerer wiegt als die Zeit. Das ist der ewige Kampf mit der Technik. Sei es mit WordPress, SEO oder Facebook. Und seitdem Facebook so dermaßen offensichtlich bestimmt, wie viele meinen Blog überhaupt lesen können, habe ich keine Lust mehr. Es ging mir nie um große Reichweiten. Aber wenn selbst treue Leser durch dämliche Algorithmen meine Texte nicht mehr erhalten und durch technische Defekte die Website-Abos nicht mehr zuverlässig laufen, dann frustriert mich das. Wirklich rasend macht mich allerdings, dass dieser ganze technische Schnickschnack (Bild auswählen, verkleinern, hochladen, mit Attributen versehen, Keywords und Metadescription verfassen, Überschriften einfügen, formatieren, facebook-kompatibel gestalten, in den sozialen Netzwerken teilen) mehr Zeit frisst als die eigentliche Tipperei.
Man bedenke: Auf dem Land gleicht das Internet eher einem holprigen Feldweg als einer ausgebauten Autobahn. Manchmal geht einfach gar nichts mehr und nur mit viel Geduld lädt dann minutenlang mal ein Bild. Wozu sich den ganzen Stress antun?
3) Ups, da ist Herzblut ausgelaufen
Ich schrieb den Blog anfangs aus Marketinggründen. Irgendwann wurde es mein Herzensprojekt und meine persönliche Challenge, mal was kontinuierlich durchzuziehen. Ich merkte plötzlich, dass ich andere Menschen bewegen und sie zum Nachdenken, Schmunzeln oder Mutigsein anregen kann. Das wiegt seeeehr schwer, weil es für mich eine wahnsinnig hohe Bedeutung hat. Das lässt sich natürlich nicht aufwiegen. Allerdings werde ich stark in meinem neuen Job gefordert. Ich stecke viel hinein und bekomme unglaublich viel zurück. Es erfüllt mich. Ich muss mir nicht länger etwas beweisen und bevor ich etwas nur noch halbherzig tun kann, lasse ich es lieber bleiben.
Der Anfang vom Ende?!
So viele Gedanken, so viel Unordnung. Keine wohlgeformten Sätze und keine wunderschöne, suchmaschinenoptimierte Prosa. Kein fulminantes Finale. Dafür aber schonungslose Ehrlichkeit und Authentizität. Und genau da bin ich mir letztendlich ja doch stets treu geblieben.
Ich danke euch dafür, dass ihr euch jeden Freitag über meine Beiträge gefreut habt. Ich danke euch für jeden lieben Kommentar, jeden gut gemeinten Rat und jeden wertvollen Gedankenanstoß.
War es das nun also? Beginnt hier das Ende des Freitagsgefühls? Nein!
Die Freitagsgefühl Redaktion pausiert mehr oder weniger und der Freitagsblog wird künftig sehr sporadisch erscheinen. Das lässt mein Herz bluten. Doch hey, nach anderthalb Jahren seid ihr bestens gerüstet für ein Leben voller Freitagsgefühle. Ihr habt gemeinsam mit der Freitagsgefühl Redaktion mutige Menschen kennengelernt, die ihren Traum einfach leben. Ihr seid mit allerhand Geheimtipps rund um Leipzig ausgestattet und ihr habt jede Menge Sprüche und gute Gedanken im Gepäck. Vielleicht braucht ihr den Blog ja gar nicht mehr so dringend?
Für mich jedenfalls bedeutet dieser zugegeben bleischwere Schritt zugleich, dass ich künftig mein Freitagsgefühl leichten Fußes genießen kann – ohne mich mit einer selbst auferlegten Pflicht zu gängeln, der ich einfach nicht mehr so gerecht werden kann, dass ich es vertreten könnte.
Ganz still wird es freilich nicht, auch weiterhin werde ich euch kleinere Gedankenschnipsel, spannende Begegnungen und träumende Bilder nicht vorenthalten.
PS: Klitzekleine Bitte an dich
PS: Wie gerne würde ich euch einen schlauen Abschiedsspruch mit auf dem Weg geben. Doch ohne meine Lyrikbände und dem furchtbar schlauen Google ist mein Kopf wie ein Sieb. Darum eine letzte Bitte: Schreibt mir doch euren wichtigsten Rat fürs Leben, der euch anleitet und motiviert. Darüber wäre ich sehr dankbar. Auch weil ich dadurch sehe, wer wirklich bis zum Ende diesen ellenlangen Text überhaupt durchgehalten hat 😉
PPS: 90 Beiträge lang kam jeder Beitrag rechtzeitig, 90 Beiträge lang habt ihr mich unterstützt. Nun veröffentliche ich den 90. Beitrag als Abschied vom wöchentlichen Blog. Den Text habe ich gestern in wenigen Minuten herunter geschrieben. Auch wenn ich gerne heute einiges daran ändern würde, habe ich ihn doch komplett so belassen in all seiner Unvollkommenheit.
PPPS: Die steinerne Treppe oben führt direkt an eine türkisfarbene Meeresbucht. Das Meer ist der persönliche Lieblingsort der Freitagsgefühl Redaktion zum Runterkommen und glücklich sein.
Ich wünsche euch für 2018, dass ihr für euch solche Orte aufspürt und genießt, dass euer neues Jahr voller Leichtigkeit und Fröhlichkeit und Freitagsgefühle sein möge!